An sehr guten Außenspielern mangelt es in der 1. Handball-Bundesliga
wahrlich nicht. Dabei kann die MT Melsungen auf der linken Außenbahn
gleich zwei überdurchschnittlich begabte Handballer ins kommende
Meisterschaftsrennen schicken: Michael Allendorf und Jeffrey Boomhouwer.
Es lässt sich trefflich darüber streiten, ob es das beste Außenpaar der
Liga ist. Fakt ist: Mit dem deutschen Nationalspieler und dem Oranje
Nationaalspeler lassen sich die ambitionierten Ziele der Nordhessen in
die Tat umsetzen. Welche das sind? – ich habe sie gefragt.
Mit welcher Zielsetzung gehst du/die MT Melsungen in die kommende Saison?
Michael Allendorf: „Unsere
Mannschaft hat in der vergangenen Saison den sechsten Platz belegt und
damit die Qualifikation für den Europapokal verpasst. Da wir aber dort
wieder hin möchten und Platz 5 für dieses Vorhaben sicher reichen wird,
sollte das unser Ziel sein. Wir haben das Potential dazu, vor allem
unsere Abwehr im Zusammenspiel mit den Torhütern gefällt mir super. Wir
können mit 6:0 und 5:1 dort flexibel reagieren, um dann über die 1., 2.
oder 3. Welle viel Druck von hinten raus auf´s gegnerische Tor
auszuüben. Ich persönlich möchte meine Leistungen auf konstant hohem
Niveau stabilisieren. Um die Strapazen des Samstag – Mittwoch –
Samstag-Ligaalltags erfolgreich gestalten zu können, ist es gut, auf
jeder Position doppelt gut besetzt zu sein.“
Jeffrey Boomhouwer: „Wir
wollen uns möglichst für den EHF-Cup qualifizieren. Wir haben eine gute
Mannschaft, stehen in der Abwehr sehr massiv und kompakt, haben große
Spieler im Rückraum, viele gute Außen und hervorragende Torhüter. Da
finde ich unser Saisonziel realistisch. Ich persönlich möchte mich zu
einem erfahrenen Bundesligaspieler weiter entwickeln und selbst viele
Spielanteile haben. Aber wenn Michael spielt und eine gute Leistung
zeigt, freue ich mich für ihn und die Mannschaft.“
Wer ist für dich Favorit auf die Deutsche Meisterschaft?
Michael Allendorf: „Kiel
und Flensburg machen das unter sich aus. Die Rhein-Neckar-Löwen werden
sich ein wenig aus dem Meisterschaftsrennen verabschieden müssen. Die
Achse Schmid/Myrhol existiert nicht mehr, das wird sich bei denen
negativ bemerkbar machen.“
Jeffrey Boomhouwer: „Ich
sehe den THW Kiel, die SG Flensburg-Handewitt und die Rhein-Neckar-Löwen
am Ende vorne. Die haben das meiste Geld und die besten Kader. Es wird
aber spannender als in der letzten Saison, da die Flensburger ihr Team
qualitativ super verstärkt haben.“
In der Handballwoche traut Johan Sjöstrand seinem neuen Team den Aufstieg in die Top 4 zu.
Michael Allendorf: „Um die
Deutsche Meisterschaft brauchen wir uns keine Sorgen zu machen. Es
laufen auch keine Vorbereitungen, den Rathausbalkon in Melsungen zu
schmücken. Wenn bei uns alles optimal läuft und wir konstant unser
Leistungspotential abrufen, dann können war an den Top 4 kratzen. Das
bedeutet aber nicht Platz 1 oder 2.“
Jeffrey Boomhouwer: „Ich kann Michaels Aussage nur unterstreichen.“
Welche Mannschaften spielen in der kommenden Saison gegen den Abstieg?
Michael Allendorf: „Die
üblichen Verdächtigen, zu denen auch immer die Aufsteiger gehören.
Eisenach wird es schwer haben. Leipzig kommt mit vielen
Vorschusslorbeeren, es herrscht eine große Euphorie. Doch der DHfK muss
sich erst einmal beweisen, genauso wie Stuttgart. Zu den
Abstiegskandidaten zähle ich noch Lemgo, Lübbecke und Wetzlar.“
Jeffrey Boomhouwer: „Ich
habe es vor zwei Jahren selber erlebt, in die 1. Liga aufzusteigen. Am
Anfang hast du großes Selbstvertrauen und fühlst dich wie im Flow. Wenn
dann eine Niederlagenserie kommt, du zudem einige Spiele gegen
Mitkonkurrenten um den Abstieg knapp verlierst, beginnen die Zweifel.
Zudem waren wir damals nicht immer in der Lage, rein körperlich
mitzuhalten.“
Thema Nationalmannschaft: Welche Zielsetzung hast du dort?
Jeffrey Boomhouwer: „Wir
spielen jetzt im Januar gegen die Schweiz und Luxemburg. Der Gewinner
dieser 3er-Gruppe qualifiziert sich für das Play Off, wo es dann um die
Teilnahme an der WM 2017 geht. In den letzten Jahren haben wir uns
leider nie für eine Welt- oder Europameisterschaft qualifizieren können,
sind in der Vergangenheit z.B. an Island gescheitert. Im holländischen
Handball ist das Geld immer knapp, einige Leistungsträger sind
zurückgetreten oder spielen aus anderen Gründen nicht in der
Nationalmannschaft. Das ist schade.“
Michael Allendorf: „Für
mich persönlich war es natürlich sehr bitter, kurz vor dem WM im
vergangenen Januar aus dem Kader zu fliegen. Ich war die Nr. 2 auf der
Position, bevor ich kurz vor Weihnachten in einem 30-Sekunden-Anruf
von Dagur Sigurðsson mitgeteilt bekommen habe: Du bist nicht dabei. Die
Absage hat mich anfangs sehr beschäftigt, es hat in meinen Leistungen
einen kleinen Knick gegeben. Es kamen viele Reaktionen aus der
Bundesliga, es herrschte Verwunderung. Ich kann es mir auch nicht
erklären, warum andere Spieler mir vorgezogen wurden. Doch damit habe
ich inzwischen abgeschlossen. Wenn nochmals jemand vom DHB anruft:
Super. Ich habe kein Problem damit, wenn Uwe 60 Minuten lang
durchspielt.“
Apropos Uwe Gensheimer – deine Meinung über ihn.
Michael Allendorf: „Uwe und
ich gehören dem gleichen Jahrgang an. Von daher kenne ich ihn von den
Jugend- und Junioren-Nationalmannschaften, wo wir zumeist auf derselben
Position gespielt haben. Es kam aber auch vor, dass er auf Mitte agiert
hat und ich auf Linksaußen Einsatzzeiten bekam. Er war früher schon
richtig gut und hat es geschafft, mit seinem Talent zu einem
Welthandballer zu werden. Er ist zurecht dort, wo er hingestellt wird.“
Jeffrey Boomhouwer: „Ich habe ihn vor kurzem beim Erima Cup in Bremen gesehen. Super-Handgelenk, gute Einstellung – ein Top-Spieler.“
Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg in der kommenden Saison.
Foto: Max Sander