"Ich habe kein Problem damit, wenn Uwe Gensheimer 60 Minuten lang durchspielt“

"Ich habe kein Problem damit, wenn Uwe Gensheimer 60 Minuten lang durchspielt“

An sehr guten Außenspielern mangelt es in der 1. Handball-Bundesliga wahrlich nicht. Dabei kann die MT Melsungen auf der linken Außenbahn gleich zwei überdurchschnittlich begabte Handballer ins kommende Meisterschaftsrennen schicken: Michael Allendorf und Jeffrey Boomhouwer. Es lässt sich trefflich darüber streiten, ob es das beste Außenpaar der Liga ist. Fakt ist: Mit dem deutschen Nationalspieler und dem Oranje Nationaalspeler lassen sich die ambitionierten Ziele der Nordhessen in die Tat umsetzen. Welche das sind? – ich habe sie gefragt.

Mit welcher Zielsetzung gehst du/die MT Melsungen in die kommende Saison?
Michael Allendorf: „Unsere Mannschaft hat in der vergangenen Saison den sechsten Platz belegt und damit die Qualifikation für den Europapokal verpasst. Da wir aber dort wieder hin möchten und Platz 5 für dieses Vorhaben sicher reichen wird, sollte das unser Ziel sein. Wir haben das Potential dazu, vor allem unsere Abwehr im Zusammenspiel mit den Torhütern gefällt mir super. Wir können mit 6:0 und 5:1 dort flexibel reagieren, um dann über die 1., 2. oder 3. Welle viel Druck von hinten raus auf´s gegnerische Tor auszuüben. Ich persönlich möchte meine Leistungen auf konstant hohem Niveau stabilisieren. Um die Strapazen des Samstag – Mittwoch – Samstag-Ligaalltags erfolgreich gestalten zu können, ist es gut, auf jeder Position doppelt gut besetzt zu sein.“
Jeffrey Boomhouwer: „Wir wollen uns möglichst für den EHF-Cup qualifizieren. Wir haben eine gute Mannschaft, stehen in der Abwehr sehr massiv und kompakt, haben große Spieler im Rückraum, viele gute Außen und hervorragende Torhüter. Da finde ich unser Saisonziel realistisch. Ich persönlich möchte mich zu einem erfahrenen Bundesligaspieler weiter entwickeln und selbst viele Spielanteile haben. Aber wenn Michael spielt und eine gute Leistung zeigt, freue ich mich für ihn und die Mannschaft.“ 

Wer ist für dich Favorit auf die Deutsche Meisterschaft?
Michael Allendorf: „Kiel und Flensburg machen das unter sich aus. Die Rhein-Neckar-Löwen werden sich ein wenig aus dem Meisterschaftsrennen verabschieden müssen. Die Achse Schmid/Myrhol existiert nicht mehr, das wird sich bei denen negativ bemerkbar machen.“
Jeffrey Boomhouwer: „Ich sehe den THW Kiel, die SG Flensburg-Handewitt und die Rhein-Neckar-Löwen am Ende vorne. Die haben das meiste Geld und die besten Kader. Es wird aber spannender als in der letzten Saison, da die Flensburger ihr Team qualitativ super verstärkt haben.“

In der Handballwoche traut Johan Sjöstrand seinem neuen Team den Aufstieg in die Top 4 zu.
Michael Allendorf: „Um die Deutsche Meisterschaft brauchen wir uns keine Sorgen zu machen. Es laufen auch keine Vorbereitungen,  den Rathausbalkon in Melsungen zu schmücken. Wenn bei uns alles optimal läuft und wir konstant unser Leistungspotential abrufen, dann können war an den Top 4 kratzen. Das bedeutet aber nicht Platz 1 oder 2.“
Jeffrey Boomhouwer: „Ich kann Michaels Aussage nur unterstreichen.“

Welche Mannschaften spielen in der kommenden Saison gegen den Abstieg?
Michael Allendorf: „Die üblichen Verdächtigen, zu denen auch immer die Aufsteiger gehören. Eisenach wird es schwer haben. Leipzig kommt mit vielen Vorschusslorbeeren, es herrscht eine große Euphorie. Doch der DHfK muss sich erst einmal beweisen, genauso wie Stuttgart. Zu den Abstiegskandidaten zähle ich noch Lemgo, Lübbecke und Wetzlar.“
Jeffrey Boomhouwer: „Ich habe es vor zwei Jahren selber erlebt, in die 1. Liga aufzusteigen. Am Anfang hast du großes Selbstvertrauen und fühlst dich wie im Flow. Wenn dann eine Niederlagenserie kommt, du zudem einige Spiele gegen Mitkonkurrenten um den Abstieg knapp verlierst, beginnen die Zweifel. Zudem waren wir damals nicht immer in der Lage, rein körperlich mitzuhalten.“

Thema Nationalmannschaft: Welche Zielsetzung hast du dort?
Jeffrey Boomhouwer: „Wir spielen jetzt im Januar  gegen die Schweiz und Luxemburg. Der Gewinner dieser 3er-Gruppe qualifiziert sich für das  Play Off, wo es dann um die Teilnahme an der WM 2017 geht. In den letzten Jahren haben wir uns leider nie für eine Welt- oder Europameisterschaft qualifizieren können, sind in der Vergangenheit z.B. an Island gescheitert. Im holländischen Handball ist das Geld immer knapp, einige Leistungsträger sind zurückgetreten oder spielen aus anderen Gründen nicht in der Nationalmannschaft. Das ist schade.“
Michael Allendorf: „Für mich persönlich war es natürlich sehr bitter, kurz vor dem WM im vergangenen Januar aus dem Kader zu fliegen. Ich war die Nr. 2 auf der Position, bevor ich kurz vor Weihnachten in einem 30-Sekunden-Anruf von Dagur Sigurðsson mitgeteilt bekommen habe: Du bist nicht dabei. Die Absage hat mich anfangs sehr beschäftigt, es hat in meinen Leistungen einen kleinen Knick gegeben. Es kamen viele Reaktionen aus der Bundesliga, es herrschte Verwunderung. Ich kann es mir auch nicht erklären, warum andere Spieler mir vorgezogen wurden. Doch damit habe ich inzwischen abgeschlossen. Wenn nochmals jemand vom DHB anruft: Super. Ich habe kein Problem damit, wenn Uwe 60 Minuten lang durchspielt.“

Apropos Uwe Gensheimer – deine Meinung über ihn.
Michael Allendorf: „Uwe und ich  gehören dem gleichen Jahrgang an. Von daher kenne ich ihn von den Jugend- und Junioren-Nationalmannschaften, wo wir zumeist auf derselben Position gespielt haben. Es kam aber auch vor, dass er auf Mitte agiert hat und ich auf Linksaußen Einsatzzeiten bekam. Er war früher schon richtig gut und hat es geschafft, mit seinem Talent zu einem Welthandballer zu werden. Er ist zurecht dort, wo er hingestellt wird.“ 
Jeffrey Boomhouwer: „Ich habe ihn vor kurzem beim Erima Cup in Bremen gesehen. Super-Handgelenk, gute Einstellung – ein Top-Spieler.“

Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg in der kommenden Saison. 


Foto: Max Sander


Autor: Max Sander

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