„Jeffrey hat mir viel Gutes über den TVE berichtet“

„Jeffrey hat mir viel Gutes über den TVE berichtet“

Die Fans des TV Emsdetten hielten die Ankündigung ihres Vereins, mit Malte Schröder von der MT Melsungen einen Nachfolger für den in die isländische Heimat zurückkehrenden Ernir Arnarson gefunden zu haben, zunächst für einen Aprilscherz. Doch trotz des Datums 01.04. erwies sich die Präsentation des wurfgewaltigen Linkshänders für den rechten Rückraum als echt. Seit einigen Tagen nun absolviert der gebürtige Bielefelder, der auf insgesamt sechs Jahre 1. Bundesliga zurückblicken kann, die schweißtreibende Saisonvorbereitung unter Trainer Daniel Kubes. Sein vorheriger Coach Michael Roth, der ihn vier Jahre beim hessischen Erstligisten trainiert hat, sagt über ihn: „Malte ist ein sehr korrekter und sympathischer Spieler, der im Training immer alles gegeben hat. Er kommuniziert offen seine Meinung und besaß innerhalb unserer Mannschaft einen hohen Stellenwert, auch wenn er bei uns oft nur wenig Spielanteile bekommen hat. Als Trainer wünsche ich mir Spieler wie ihn, auf den ich mich zu 100 Prozent verlassen kann. Mich hat gefreut, dass Malte nach seiner schweren Verletzung bei uns noch einen schönen Abschied feiern konnte. Ich werde seinen Werdegang unter Daniel Kubes weiter verfolgen.“

Hallo Malte, du bist von einem Spitzenverein der 1. Bundesliga in die 2. Liga gewechselt – warum?
Malte Schröder: „Mehrere Faktoren waren ausschlaggebend, dass ich das Vertragsangebot des TV Emsdetten angenommen habe. Zum einen wollte ich wieder mehr Spielanteile haben. Des Weiteren habe ich mir in den Monaten nach meinem Kreuzbandriss viele Gedanken über die Zeit nach der Handballkarriere gemacht. Für mich rückt neben dem Handball langsam die Jobperspektive in den Fokus. Und da haben mir die Verantwortlichen beim TVE einen erfolgsversprechenden Weg aufgezeigt, meinen Sport und den Einstieg ins Berufsleben gut miteinander zu kombinieren. Ich bin Bankkaufmann, habe BWL studiert und möchte in diesem Bereich arbeiten. In den nächsten Wochen werde ich mit Verantwortlichen dreier Firmen sprechen und schaue dann, was möglich ist. Der Trainingsaufwand beim TVE ist in etwa der gleiche wie in Melsungen. Aber bei einem Zweitligisten wird während des Trainingsalltages mehr Rücksicht darauf genommen, dass sich die Spieler neben dem Handball etwas für die Zeit danach aufbauen können. In der 1. Bundesliga  mit dem Vollprofitum ist das in der Regel nicht möglich. Von Vereinsseite wird dort volle Konzentration auf den Handball erwartet. Im vergangenen Herbst habe ich mich mit Daniel Kubes in Münster getroffen, den ich ja noch aus unserer gemeinsamen Melsunger Zeit kenne. Seinen Ansatz, wie er Handball denkt und in den nächsten Jahren umsetzen möchte, hat mich überzeugt. Er ist ein anspruchsvoller Trainer, der sehr viel Wert auf die Athletik und Physis legt, hat aber auch ein Auge darauf, das Verletzungsrisiko seiner Spieler zu minimieren und so sind präventive Maßnahmen fester Bestandteil des Trainings. Ausschlaggebend für den Wechsel zum TVE war auch die Tatsache, dass meine Freundin in Münster lebt. Seit Beginn meines Studiums im Jahr 2009 habe ich immer auch dort gelebt, jetzt haben wir unsere erste gemeinsame Wohnung bezogen. Das Gesamtpaket hat mich dazu bewogen, einen Vier-Jahres-Vertrag beim TV Emsdetten zu unterschreiben. Beide Seiten möchten Planungssicherheit haben, um in Ruhe etwas aufzubauen.“
       
Du hast dir vor knapp 11 Monaten einen Kreuzbandriss zugezogen. Bei wieviel Prozent deiner körperlichen Leistungsfähigkeit stehst du aktuell?
Malte Schröder: „Das ist schwer zu sagen. Ich sehe mich aber leistungsmäßig auf einem guten Weg. Ich habe zwar im März schon wieder auf dem Spielfeld gestanden, mein lädiertes Knie hat die Belastungen zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht so gut verkraftet. Im April folgte eine einmonatige Spielpause, anschließend habe ich im Heimspiel gegen den THW Kiel das erste Mal das Gefühl gehabt, dass mein rechtes Knie wieder bombenfest ist. Mir war wichtig, nach dem Kreuzbandriss noch in der gleichen Saison zurück auf´s Spielfeld zu kommen, um zumindest einen guten Abschluss zu haben. Zudem hat meinem Körper der Urlaub in den letzten Wochen gut getan, so dass ich jetzt voller Tatendrang in die neue Spielzeit starten kann. Die schwere Verletzung hat mir vor Augen geführt, wie schnell man im Leistungssport außen vor sein kann. Ich mache mich jetzt bewusster warm, baue ein/zwei Übungen extra für mein rechtes Knie ein.“
 
Gab es neben dem Vertragsangebot seitens des TVE noch weitere Optionen, deine Handballkarriere fortzusetzen?
Malte Schröder: „Die MT Melsungen hat mir trotz meiner Verletzung einen Ein-Jahres-Vertrag angeboten. Und das, obwohl mit Neuzugang Gabor Langhans und Michael Müller schon zwei starke Linkshänder im rechten Rückraum zur neuen Saison im Kader stehen werden. Realistisch gesehen wären meine Spielanteile dort aber überschaubar gewesen. Es gab weitere Angebote aus der 1. Bundesliga. Diese kamen für mich aber nicht wirklich in Frage, da zu weit entfernt von meinem jetzigen Lebensmittelpunkt Münster.“ 

Welche Ziele verfolgst du mit dem TV Emsdetten?
Malte Schröder: „Ich bin zwar erst ein paar Tage in Emsdetten, aber ich finde, dass wir mit Mannschaft und Trainer ein gutes Gebilde mit Perspektive beisammen haben. Klar ist, dass wir uns als Mannschaft neu finden müssen. Einige Leistungsträger wie Nils Babin oder Ernir Arnason haben den Verein verlassen, etliche Neuzugänge gilt es neu ins Mannschaftsgefüge zu integrieren. Ich persönlich möchte mich unter Daniel weiter entwickeln und in meinem neuen Team eine Führungsrolle einnehmen. Aktuell ist das Training sehr hart, ich war selten sieben Stunden pro Tag in der Halle aktiv. Der Umfang ist enorm, selbst für einen Erstligisten wäre dieses Pensum schon eine Hausnummer. Daniel möchte die Zeit, die Jerome Boitelle (Athletiktrainer vom Reebok CrossFit Cassel/Anm. d. Red.) mit uns arbeitet, möglichst intensiv nutzen, um die Basis für eine erfolgreiche Saison zu legen. Das Potential, uns im oberen Drittel der Tabelle zu etablieren, sehe ich gegeben. Wir haben eine gute bis sehr gute erste Sieben, dahinter stehen einige talentierte Nachwuchsspieler. Ich sehe uns auf Augenhöhe mit vielen Teams der 2. Bundesliga. Das macht eine Saisonprognose in dieser Liga sehr schwierig. Von Aufstieg zu sprechen, halte ich für verfrüht. Dazu muss auch das Umfeld – größerer Sponsorenpool, größere Halle etc. – für die 1. Liga erst geschaffen werden. Der Verein hat viele Erfahrungen aus seinem Erstligajahr sammeln können, zudem mit Holger Kaiser einen Geschäftsführer, der schon bei etablierten Erstligisten gearbeitet hat. Insgesamt ist das Projekt `TVE´ sehr reizvoll. Das haben mir auch immer wieder Andre Kropp und Merten Krings zu verstehen gegeben, mit denen ich schon seit etlichen Jahren in freundschaftlichem Kontakt stehe und die mir meinen Einstieg in Emsdetten erleichtern.“

Wie schätzt du die Leistungsdichte der 2. Handball-Bundesliga ein?
Malte Schröder: „Insgesamt ist die eingleisige 2. Liga deutlich stärker einzuschätzen als noch vor Jahren, als ich mit der Ahlener SG in der Nordstaffel gespielt habe. Von der Leistungsdichte her liegen viele Vereine sehr nahe beisammen. Aber abgesehen von Ausnahmemannschaften wie HC Erlangen sind aber immer noch große Leistungsunterschiede zur 1. Bundesliga zu erkennen. Dort oben sind eine starke Physis gepaart mit Schnelligkeit mit die entscheidenden Erfolgsfaktoren. Ich kenne kaum einen Erstligisten, in deren Rückraum Spieler unter 1,95 m Körpergröße und unter 100 kg Körpermaße zu finden sind. Daran gilt es für ambitionierte Vereine in der 2. Liga – neben den schon erwähnten erstligareifen Strukturen des Umfeldes - zu arbeiten. Der DHfK Leipzig ist doch ein Paradebeispiel, wie der Sprung ins Oberhaus gelingen kann, um sich dort zu etablieren. Über Jahre wurde zu Zweitligazeiten dort eine sportliche und wirtschaftliche Basis für die 1. Liga geschaffen. Mit ihren finanziellen Möglichkeiten haben die Leipziger Neuzugänge geholt, die allesamt eine positive Entwicklung genommen haben. Zudem ist die Mannschaft gut in die Saison gestartet und hat so die Aufstiegseuphorie mitnehmen können. Als sie dann noch das Ostderby gegen den SC Magdeburg für sich entscheiden konnte, gab es den Spielern und dem Umfeld endgültig das Gefühl, mithalten zu können.“
 
Der TVE ist auf jeder Position doppelt besetzt, nur auf deiner Position im rechten Rückraum mit dir nur einfach. Ein Risiko hinsichtlich einer langen Spielzeit?
Malte Schröder: „Daniel Kubes hat mich vor einiger Zeit angerufen, um mir mitzuteilen: Wir haben nur dich für den rechten Rückraum. Dabei ist allen Beteiligten klar, dass ich nicht 38 Spiele jeweils volle 60 Minuten Angriff und Abwehr spielen kann. Schon im letzten Jahr hat Merten Krings zeigen können, dass er als Rechtshänder auf meiner Position eine Alternative sein kann. Es wäre aber nur vernünftig, noch einen Linkshänder zu verpflichten, um auf der gesamten rechten Angriffsseite mehr Alternativen zu haben. Auch im Hinblick auf das Verletzungsrisiko, das in unserer Sportart immer gegeben ist.“

Jeffrey Boomhouwer war lange Jahre Publikumsliebling in der Emshalle, bevor es ihn 2014 zur MT Melsungen zog. Dort hast du zwei Jahre mit ihm zusammen gespielt. Wie siehst du seine Entwicklung?
Malte Schröder: „Absolut positiv. Jeffrey legt sich im Training und Spiel unglaublich ins Zeug, nutzt viele zusätzliche Krafttrainingseinheiten, um seine sportliche Entwicklung voranzubringen. In der ersten Saison in Melsungen hat er oft Frust geschoben, da er kaum Spielanteile auf Linksaußen bekommen hat. Das kannte er aus seiner Zeit beim TVE nicht, wo er fast immer 60 Minuten auf dem Feld stand. In der abgelaufenen Saison lief es deutlich besser für ihn. Wobei man nicht vergessen darf, dass er auch vom Verletzungspech eines Michael Allendorf profitiert hat. Doch er hat die sich ihm bietende Chance genutzt. Ich bin gespannt, wie sich die beiden in der neuen Saison die Position teilen werden. Neben Andre Kropp und Merten Krings war es auch Jeffrey, der mir viel Gutes über den TVE berichten konnte.“

Malte, vielen Dank für das Interview. Ich wünsche dir eine erfolgreiche und verletzungsfreie Saison. 


Foto: Max Sander



Autor: Max Sander

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