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„Albert, wir müssen mal einen Kaffee trinken. Ich habe eine Idee!“

Der Aufstieg des ASV Hamm von einem westfälischen Provinzverein zu einem etablierten Bundesligisten ist eng mit seinem Namen verbunden: Franz Dressel. Seit über 60 Jahren ist er seinem Verein treu, schnürte in den 70ern selbst für den Allgemeinen Sport-Verein die Handballschuhe und hat es in der Saison 74/75 als Aktiver bis in die Oberliga Westfalen geschafft. „Ein Achillessehnenriss hat meine aktive Laufbahn beendet. Und da ich als Expansionsleiter einer bundesweit tätigen Baumarktkette sehr eingespannt bin, musste ich mich vom Handball zurückziehen. Als meine Kinder dann beim ASV aktiv wurden, bin ich wieder näher ans sportliche Geschehen herangerückt. Vor 20 Jahren kam mir dann der Gedanke: Es kann doch auch mal höher sein als nur Verbandsliga.“ Nach dem Aufstieg folgten einige Jahre in der Oberliga, im Jahr 2001 wurden mit der Verpflichtung des Ex-Nationalspielers Kay Rothenpieler als neuen Trainer erste Weichen Richtung Profihandball gestellt. „Die sportliche Weiterentwicklung in dieser Zeit war enorm, 2003 gelang der Sprung in die Regionalliga, um nur zwei Jahre später das Ziel `Bundesligahandball´ verwirklichen zu können. „Uns war damals schnell klar, dass wir eine neue Halle brauchen. Die altehrwürdige Stein-Halle bot bei Heimspielen zwar eine Super-Stimmung, entsprach aber nicht den wirtschaftlichen Erfordernissen. Mein Ansatz damals: Wenn es uns gelingt, in Hamm eine neue Halle zu bauen, dann ist auf Dauer in unserer Stadt Profihandball möglich“, blickt Franz Dressel zurück. Erste Gespräche mit den Stadtoberen fanden statt, ein Hallenneubau fand bei allen Parteien Anklang, Unterstützung wurde zugesagt. Bei der Finanzierung des Projektes hakte es aber aufgrund klammer städtischer Haushaltskassen. „Da kam mir eine Idee in den Sinn, die ich 1993 in Jena gesehen hatte, wo sich auf dem Dach eines SB-Warenhauses ein Fußballplatz befand. Als dann von der Stadt Hamm das Areal um den Maxipark für großflächigen Einzelhandel ausgewiesen wurde, rief ich meinen Geschäftspartner Albert ten Brinke an: „Albert, wir müssen mal einen Kaffee trinken. Ich habe eine Idee!“ Die Ten Brinke Gruppe ist ein international tätiges Immobilienunternehmen, das sich mit der Entwicklung von großen Bauprojekten, vor allem im Einzelhandel, einen Namen gemacht hat. Gespräche mit der Stadt wurden mit dem Ziel geführt, möglichst viel Handelsfläche im Hammer Osten zu generieren, so dass sich das Projekt für alle Seiten rechnet. „Denn im Ergebnis musste auf die neu gestalteten Einzelhandelsflächen eine Halle drauf gesattelt werden, die dem Verein keinen Euro kosten darf.“ Nachdem erste Pläne bei der Stadt vorgestellt wurden, gab es im Rat eine breite politische Mehrheit und somit grünes Licht für das ehrgeizige Bauvorhaben. Insgesamt dauerte die Projektentwicklung und -realisierung drei Jahre, bis am 5. Juli 2008 die Maxipark-Arena mit dem Länderspiel Deutschland vs. Ägypten feierlich eingeweiht wurde. Doch allein mit Handball rechnet sich eine Halle dieser Größenordnung nicht. Eine Veranstaltungsgesellschaft wurde gegründet mit dem Ziel, die Arena auf wirtschaftlich gesunde Füße zu stellen. „Die Idee sollte in Familienhand bleiben. Somit sind meine Frau Gesellschafterin und meine Söhne Geschäftsführer dieser GmbH geworden. Nach schwierigen Anfangsjahren ist es ihnen gelungen, mit Konzerten und Comedy zusätzliche Einnahmen zu erzielen, so dass sich die Arena wirtschaftlich trägt. Dazu zählt auch, dass Sponsoren unseren VIP-Raum zwecks Firmenevents oder Präsentationen mieten können. Das findet sehr guten Anklang, so dass wir in einem zweiten Bauabschnitt diesen vergrößern konnten. Der VIP-Bereich für bis zu 400 Personen und die dazugehörige Gastronomie sind wie unsere Halle jetzt erstligareif. Damit ist die wirtschaftliche Basis für weitere sportliche Erfolge des ASV gelegt, der die Arena 30 Jahre lang mietfrei nutzen darf.“

Sportlich gesehen möchte man mittelfristig gerne wieder an die Tür zur 1. Bundesliga klopfen, mit aktuell Platz 5 steht die Mannschaft nach den Vorstellungen der ASV-Macher gut im Soll. Bei einem möglichen Aufstieg soll von den Erfahrungen profitiert werden, die der  Verein in der Saison 2010/11 in Liga 1 gemacht hat. Als Spielgemeinschaft HSG Ahlen-Hamm, einer Kooperation von Ahlener SG und ASV Hamm, ging man damals ins Rennen, um die Kräfte in der Region zu bündeln. Rein faktisch bestand die HSG aber nur auf dem Papier, denn Lizenzinhaber für die 1. Bundesliga war der ASV Hamm und wirtschaftlicher Träger dessen Marketing GmbH. „Im Jahr des Aufstiegs haben wir die HSG ins Leben gerufen. Im Nachhinein betrachtet, fehlte uns mindestens ein Jahr an Aufbauarbeit, um das Ganze strukturell so umsetzen, dass es gut hätte funktionieren können. Wir hätten mehr auf externe Leute, die nicht einem der beiden Vereine angehörten, setzen sollen. Ich bin mir bis heute sicher, dass die Spielgemeinschaft funktioniert hätte, doch wir hatten nach dem Aufstieg zu wenig Zeit. Ich war damals alleiniger Geschäftsführer, der das Ganze ehrenamtlich geleitet hat. 90% der anfallenden Dinge habe ich vom Auto aus geregelt, dass ging eigentlich gar nicht. Keine einfache Zeit für mich, zumal es auch viele Vorwürfe gegen meine Person gab. Doch insgesamt muss ich sagen, dass ich aus dem Erstligajahr viel Positives mitnehme, von den gemachten Erfahrungen profitieren wir heute“, so Franz Dressel in der Rückschau. Auch für Kay Rothenpieler als damaligen Trainer und heutigen ASV-Manager überwiegt das Positive: „Damals herrschte bei uns mit der neuen Arena und dem Aufstieg eine große Euphorie. Alle Heimspiele waren ausverkauft, gegen den HSV haben wir vor 12.000 Zuschauern in der Dortmunder Westfallenhalle gespielt. Am Ende hat nur ein Punkt zum Klassenerhalt gefehlt. Für mich als Trainer war es trotz Abstieg ein Riesenerlebnis. Leider hat uns für die 1. Liga wirtschaftlich ein wenig das Potential gefehlt.“

Nach dem Abstieg wurde im Juni 2011 die HSG aufgelöst, die ASV-Handballer gingen unter dem Namen ASV Hamm-Westfalen in der 2. Liga ins Meisterschaftsrennen. Der Start verlief alles andere als einfach, neben einem sportlichen Neuaufbau musste die finanzielle Hypothek des Erstligajahres gestemmt werden. „Wir hatten große wirtschaftliche Probleme, nur durch Gespräche mit Banken und Sponsoren konnte die Liquidität aufrecht gehalten werden. Es war in der Tat eine kritische Situation, die mich auch persönlich an meine Grenzen gebracht hat. Ich konnte nachts nicht mehr schlafen, hatte gesundheitliche Probleme. Doch mithilfe meiner Familie, die mir den Rücken gestärkt hat und den Sponsoren, die uns finanziell unterstützt haben, ist die Situation gemeistert worden. Das war für mich der Punkt zu sagen: Ich möchte etwas zurückgeben. Wenn es in Hamm langfristig mit Profihandball weitergehen soll, brauchen wir ein wirtschaftlich tragfähiges Fundament. Dazu mussten wir uns breiter aufstellen und unsere Strukturen weiter professionalisieren“, so der Geschäftsführer.

Sinnbildlich dafür steht Simon Kottmann, Eigentümer der Agentur simpli PR und nun schon im neunten Jahr für den Bereich Kommunikation beim ASV verantwortlich. „Ich wurde 2007 von Franz und Kay angesprochen. Daraufhin habe ich mit der Marketing GmbH einen Vertrag geschlossen. Das Jahr in der 1. Liga war eine große Herausforderung und für mich ein Fulltimejob. Daraus haben wir viel an Know-how mitgenommen und sind im gesamten Umfeld viel professioneller geworden. Wir haben heute eine wirtschaftlich gesunde Struktur, aktuell zwischen 140 bis 150 Sponsoring-Partner an unserer Seite und blicken optimistisch gen Zukunft. Dafür steht auch unser 251-Club: Aus der 2. Liga innerhalb von 5 Jahren in die 1. Liga“, so der Kommunikationsexperte.

In der Tat stehen die Zeichen rund um den Maxipark wieder auf Angriff. Zum 31.12. des vergangenen Jahres wurden die Auflagen der HBL bzgl. einer Verbesserung des negativen Eigenkapitals erfüllt, die Zuschauerzahlen in der im Februar 2013 umbenannten WESTPRESS-arena gehen nach oben, der ASV entwickelt sich zu einer regionalen Handballmarke. Zudem sorgt eine junge und entwicklungsfähige Mannschaft, in der etliche Junioren-Nationalspieler vertreten sind und die mit Niels Pfannenschmidt einen Trainer hat, der schon beim TBV Lemgo unter Beweis stellen konnte, junge Talente zu etablierten Bundesligaspielern zu entwickeln, für neue Euphorie rund um den `gläsernen Elefanten´. Diese hat auch der Manager ausgemacht: „Generell ist der Aufstieg immer ein Thema bei uns, denn die 1. Liga macht irrsinnig viel Spaß und wir möchten dieses Gefühl noch einmal erleben. Wir haben sportlich eine interessante Mannschaft, die es weiterzuentwickeln gilt. Wirtschaftlich haben wir noch einige Hausaufgaben zu erledigen. In der Breite ist unser Sponsoring gut aufgestellt, es fehlt sicherlich noch der ein oder andere Großsponsor, um sagen zu können, wir können finanziell in der 1. Liga mithalten. Doch das betrifft ja generell alle Zweitligisten. Da gilt es, auch überregional mehr Wertschöpfung zu betreiben.“

Und was denkt Franz Dressel beim Blick in die Zukunft seines Vereines: „Ich sehe die 1. Bundesliga als realistisches Ziel an. Unsere Planungen nach dem Motto `2-5-1´ läuft im zweiten Jahr, aktuell sind wir im Soll. Wenn wir aufsteigen sollten, dann muss der Verein so aufgestellt sein, die 1. Liga halten zu können. Der DHfK Leipzig oder der Bergische HC sind doch gute Beispiele, dass es funktionieren kann. Dazu brauchen wir natürlich noch Sponsoren, die uns mit einem größeren Betrag in die Lage versetzen, die Zielsetzung `Klassenerhalt im Oberhaus´ angehen zu können. Gerne auch mit Sitz in unserem Wirtschaftsbeirat. Aber ein Mäzen, von dem das Wohl und Wehe des Vereins abhängt, wird es bei uns nicht geben. Wir sind die Nr. 1 im Hammer Sport, der Profihandball ist in der Stadt und zunehmend in der Region gut aufgestellt. Es gilt, durch gute sportliche Leistungen das Handballinteresse weiter hochzuhalten. Wenn wir aufsteigen, dann wollen wir in der 1. Bundesliga westfälisch auftreten und uns dort mit jungen talentierten Spielern, gerne auch aus der eigenen Jugendarbeit, etablieren.“ 
 

Fotos: Rainer Mross/WA - ASV-Hamm-Westfalen - Max Sander


Autor: Max Sander

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