Im Jahr 1973 fand erstmalig Werbung den Weg auf die Sportbekleidung, als
das Trikot des damaligen Fußball-Bundesligisten Eintracht Braunschweig
mit dem Schriftzug eines namhaften Getränkeherstellers verziert wurde.
Heute ist diese Art der Unternehmenskommunikation im Sport nicht mehr
wegzudenken: Sponsoring.
Welche Ziele verfolgen Firmen, die einen Teil ihres
Marketing-Budgets im Sport investieren? Welche Kommunikationsmittel
werden in Anspruch genommen? Rechnet sich Sponsoring aus
Unternehmenssicht? Handball-Backstage ist auf Spurensuche gegangen und
hat sich mit Bruno Lammers, geschäftsführender Gesellschafter der
SAERTEX GmbH & Co. KG, über das Engagement seines Unternehmens beim
Handball-Zweitligisten TV Emsdetten unterhalten. SAERTEX ist ein Hidden
Champion, der in seinem Marktsegment Weltmarkführer ist. Entwickelt und
produziert werden sogenannte Non Crimp Fabrics (NCF),
die als Carbon-, Glasfaser- und Aramid-Gelege in der Windkraft-,
Automobil-, Luftfahrt- und Sportindustrie sowie im Schiffs- und Bootsbau
zum Einsatz kommen. Neuerdings zählt auch die Weltraumindustrie zu den
SAERTEX-Kunden, damit im Jahr 2020 die europäische Träger-Rakete Ariane 6
in Richtung All entschweben kann. „Wir sind überall dort unterwegs, wo
etwas leichter werden soll, um Energie einzusparen oder wo Energie
erzeugt werden soll. Je weniger Gewicht das Produkt hat, umso besser.
Dabei haben unsere multiaxialen Gelege eine wesentlich höhere Statik und
sind bis zu sechsmal stärker belastbar als zum Beispiel Stahl“, so
Bruno Lammers. Begonnen hat die Erfolgsgeschichte im Jahr 1982, als sich
der gelernte Textilingenieur mit einem Partner selbstständig machte.
Aus dem kleinen Unternehmen mit Firmensitz im westfälischen Saerbeck hat
sich im Laufe von drei Jahrzehnten ein Global Player entwickelt, der
auf allen Kontinenten vertreten ist und weltweit über neun
Produktionsstandorte verfügt.
Wie kam es zu dem Sponsoring-Engagement bei TV Emsdetten? „Ich bin
durch den TVE-Vorsitzenden Walter Thomaschky zum Handball gekommen, der
mich vor einigen Jahren mal zu einem Heimspiel mitgenommen hat. Dort
habe ich einen Einblick in die Vereinsarbeit bekommen. Mich hat sehr
bewegt, wie viele Leute sich im Umfeld des TVE in ihrer Freizeit für den
Verein engagieren. Da war für mich klar, diese ehrenamtliche Arbeit und
den Bundesliga-Handball als Sponsor zu unterstützen“, blickt Bruno
Lammers auf die Anfänge seines Sponsoring zurück. Im Laufe der Jahre
wurde das Engagement stetig ausgebaut, seit vier Jahren ist SAERTEX
Hauptsponsor. Neben dem Trikotsponsoring ist das Firmenlogo auf Banden
und Bannern in der Halle zu finden, zudem gehört ein größeres Paket an
VIP- und Dauerkarten zu den Gegenleistungen des Vereins. „Für uns ist es
eine Form der Mitarbeitermotivation, wenn unsere Leute zu den
Heimspielen gehen. Und im VIP-Raum der Emshalle treffe ich andere
Unternehmer, da geht es neben dem Handball auch um Net-Working“, so der
SAERTEX-Geschäftsführer, der aber auch außerhalb Emsdettens seine guten
Kontakte für den Verein nutzt. So gehören seit einigen Jahren auch
Firmen wie das indisch-belgische Unternehmen 3b – the fibreglass company
- und das schwäbische Unternehmen Gaugler & Lutz zu den Förderern
des westfälischen Bundesligisten. „Gerne nehme ich auch mal Kunden mit
zum Handball. Und als der TVE für ein Jahr in der 1. Bundesliga
vertreten war, wurden wir häufiger von einigen unserer europäischen
Partner darauf angesprochen.“Im Fokus des SAERTEX-Sponsorings ist
angesichts der demografischen Entwicklung in Deutschland und dem damit
einhergehenden Fachkräftemangel die Mitarbeitergewinnung. „Handball ist
jung und dynamisch, wir sind es auch. Als wachsendes Unternehmen sind
wir ständig auf der Suche nach neuen qualifizierten Mitarbeitern. Durch
den TVE haben wir die Chance, mit jungen Menschen in Kontakt zu kommen.
Dadurch haben schon einige den Weg zu uns gefunden. Ich freue mich
natürlich, wenn wir auch Spielern neben dem Profisport eine berufliche
Perspektive bieten können. So hat erst jüngst André Kropp bei unserem
Tochterunternehmen SAERTEX multiCom angefangen. Wenn er eines Tages mal
mit dem Handball aufhört, kann er voll bei uns einsteigen“, betont Bruno
Lammers. Der genannte TVE-Kreisläufer sieht ein Win-win für alle
Beteiligten: „Ich als Sportler finde es super, wenn das Sponsoring
weiter gedacht wird und ich mir nach meinem BWL-Studium etwas aufbauen
kann. Zudem kann ich meine Arbeitszeiten sehr flexibel gestalten, da auf
dem Spielplan auch einige Partien am Mittwoch oder Freitag stehen. Das
ist für mich perfekt! Die Firma hat wiederum den Vorteil, einen
Mitarbeiter zu haben, der aus dem Sport einiges mitbringt. Gewisse Dinge
wie Ehrgeiz, Teamfähigkeit oder Disziplin sind auch im Berufsleben
angesagt.“
Was wünscht sich der SAERTEX-Geschäftsführer, der auch im
Wirtschaftsbeirat der Handball-GmbH tätig ist, für die Zukunft? Aktuell
sieht er den TVE auf einem guten Weg, erkennt aber noch
Steigerungspotential in vielen Bereichen: „Die Emshalle ist und war noch
nie zeitgemäß. Eine größere Halle mit guter Sicht wäre wünschenswert.
Die Zuschauer sind im Handball ein nicht unerheblicher wirtschaftlicher
Faktor. Der VIP-Bereich könnte attraktiver und großzügiger gestaltet
sein, um Sponsoren ein gewisses Mehr bieten zu können. Auch müssen die
Strukturen in der Handball-GmbH weiter professionalisiert werden, um
mittel- und langfristig den Etat erhöhen zu können. Das hat die
Erstligasaison eindeutig gezeigt. Damals sind wir da so
reingestolpert, ohne ein funktionierendes Management zu haben. Doch ich
glaube, dass wir mit Holger Kaiser den passenden Mann gefunden haben,
der die Ziele richtig steckt, um die Vorhaben umsetzen zu können. Das
wird seine Zeit dauern. Ich bin aber optimistisch, dass sich der TVE in
einigen Jahren wieder Richtung 1. Liga orientieren kann.“
Eine Sache ist Bruno Lammers noch wichtig zu betonen: „Bei dem
Sponsoring unserer Firma denke ich auch lokal. Ich mache das gerne mit
viel Herzblut für Emsdetten. Gerade jetzt, wo durch die ganzen
Diskussionen über die Schließung des Krankenhauses doch eine gewisse
negative Stimmung zu spüren ist, heißt es gegenzusteuern. Da es uns gut
geht, finde ich, müssen wir auch etwas zurückgeben. Der TVE in der
Handball-Bundesliga bietet da eine gute Möglichkeit.“
Fotos: Dieter Dorn - Matthias Ibeler