„Ich
blicke positiv auf meine bisherige Karriere zurück und habe mir mit der 1.
Bundesliga und der Nationalmannschaft meinen sportlichen Traum erfüllt“, so
Dragos Oprea. Erst im Alter von 14 Jahren begann er das Handball spielen, galt
wenige Jahre später als eines der größten Talente Deutschlands. 2001/02 gab er
sein Erstliga-Debüt für FRISCH AUF! Göppingen. Nachdem er 15 Spielzeiten durchweg
für den schwäbischen Traditionsverein auf der Platte aktiv war, erlebt er in
dieser Spielzeit eine sportliche `Achterbahnfahrt´, die ihn sportlich wie
menschlich weiter gebracht hat.
Hallo Dragos, du bist im Februar diesen Jahres überraschend
zum TuS Ferndorf in die 2. Bundesliga gewechselt. Wie kam es dazu?
Dragos Oprea: „Nachdem mein Vertrag beim THW Kiel zum
Jahresende 2015 ausgelaufen ist, gab es einige Anfragen von Vereinen. Das
Gesamtkonzept hat aber jeweils nicht gestimmt. Zwei Stunden vor Schließung der
Transferliste zum 15. Februar rief mich mein Berater an, dass der TuS Ferndorf
Interesse an einer Verpflichtung hat. Für mich eine attraktive Geschichte, so
dass ich den Schritt dorthin nicht bereue. Aber es ist natürlich eine
Riesenumstellung, wenn du vom THW Kiel kommend zu einem Verein in die 2. Liga
wechselst, der im Abstiegskampf steckt. Diese Situation kannte ich schon aus
meiner Anfangszeit bei FRISCH AUF! Göppingen, als wir um den Klassenerhalt in
der 1. Bundesliga kämpfen mussten. Wichtig im Abstiegskampf ist die Einstellung
im Training und in jedem Spiel sowie der Umgang mit Drucksituationen. Aktuell
sammle ich als Spieler – aber auch als Mensch – wichtige Erfahrungen.“
Du hast 15 Jahre in der 1. Bundesliga gespielt, kennst dich
dort gut aus. Wie siehst du im Vergleich dazu die Leistungsstärke der 2. Liga?
Dragos Oprea: „Es ist schon ein Riesenunterschied zu
erkennen. Aber im Vergleich zu früher, als die 2. Bundesliga noch zweigeteilt
war, ist sie viel viel stärker geworden. Sämtliche Mannschaften, vom
Aufstiegskandidaten bis zum potentiellen Absteiger, sind stärker aufgestellt. Viele
Vereine setzen auf Profispieler. Die absolute Stärke der 2. Bundesliga ist ihre
Ausgeglichenheit. Es gibt eine Menge Überraschungsergebnisse, auf die man
vorher nicht getippt hätte. Auf dem Papier gibt es Favoriten, auf dem Spielfeld
sieht es oft anders aus. So hat nicht viel gefehlt und wir hätten beim HC
Erlangen gewonnen. Der HCE ist ein gutes Beispiel, dass der Unterschied zum
Oberhaus deutlich kleiner geworden ist als früher, als die Aufsteiger nach
einem Jahr fast alle wieder zurück in die Zweitklassigkeit mussten. Erlangen
hat aus seinem Erstligajahr gelernt und seinen Kader gut verstärkt. Wichtig
ist, als Team gut zu funktionieren. Das zeigt aktuell der DHfK Leipzig, der
sich in der 1. Liga etabliert hat. Ein gewisses Spielerpotential muss natürlich
vorhanden sein. Wichtig ist zudem eine kompakte 6:0-Abwehr mit guten Torhütern.
In allererster Linie müssen die Punkte gegen den Abstieg in eigener Halle
geholt werden. Wenn das Publikum bedingungslos hinter dir steht, verleiht dir
das Flügel. Das jedenfalls ist meine Erfahrung aus Göppinger Zeiten, als wir
Zuhause auch Topteams wie THW Kiel, SG Flensburg oder HSV Hamburg schlagen
konnten.“
In der Hinrunde hast du fünf Monate im Trikot des THW Kiel
gespielt. Welche Erfahrungen hast du gemacht?
Dragos Oprea: „Beim THW hast du alle drei bis vier Tage ein
Spiel in Meisterschaft, Pokal oder Champions League. Aber das war keine
Riesen-Umstellung für mich, da ich bei FRISCH AUF! auch in drei Wettbewerben gespielt
habe. Ein großer Unterschied sind aber die Gegner in der Champions League wie
Veszprem, Paris, Zagreb oder Flensburg. Gegen diese Mannschaft zu spielen war
eine gute Erfahrung für mich, auch in meinem Alter habe ich noch viel dazu
gelernt. So habe ich gegen Flensburg – Rune Dahmke war verletzt – 60 Minuten
gespielt. Wir haben gewonnen, ein cooles Erlebnis! Das war für mich die
Bestätigung: Dabei sein ist nicht alles. Der Handball in Kiel hat eine andere
Dimension als in Göppingen. Die Sparkassen-Arena ist mit 11.000 Zuschauern
immer ausverkauft, die Dauerkarte dort ein Privileg, das vererbt wird. Als
Spieler spürst du dort den Druck, immer gewinnen zu müssen. Alfreð Gíslason hat seine eigene
Trainerphilosophie. Er redet viel mit seinen Spielern und macht sehr gute
Videoanalysen. Vor dem Spiel gegen die Rhein-Neckar-Löwen haben wir über zwei
Stunden den Gegner studiert – die längste Analyse in meiner Karriere.
Anschließend haben wir die Löwen mit 11 Toren Unterschied geschlagen. Der
Glaube an sich selbst und die positive Mentalität zeichnen den THW aus. Das
spürst du in jedem Training und im Spiel, in der Kabine und im gesamten Umfeld.
Dass Kiel gegen Barcelona gewonnen und somit das Final Four in Köln erreicht hat, überrascht mich nicht. Wenn´s
klappt, bin ich als Zuschauer dort dabei. Ich habe noch Kontakte nach Kiel und
an dem Wochenende frei.“
Du bist 34 Jahre
alt. Welche Pläne hast du hinsichtlich der neuen Saison?
Dragos Oprea: „Im Sommer werde ich meine Trainer-B-Lizenz
machen. Parallel möchte ich weiter hochklassig Handball spielen. Ich bin fit,
mein Körper funktioniert noch einwandfrei. Das Alter ist für mich nur eine
Zahl. Es gab im vergangenen September das Gerücht, dass der THW Kiel mich aus
dem Ruhestand geholt hat. Ich habe dann in vier Monaten an die 30 Spiele in den
drei Wettbewerben absolviert und bewiesen: Ich kann es noch. Auch jetzt in der
2. Bundesliga. Ich bin offen für neue Pläne, habe aber aktuell noch keine neuen
Angebote.“
Dragos, vielen Dank für das Gespräch.
Fotos: Dieter Dorn/Max Sander