Wer sich vom Prenzlauer Berg via Landsberger Allee in Richtung Nordosten
der Hauptstadt aufmacht, kommt unweigerlich in den Stadtteil
Hohenschönhausen. Im Gegensatz zum hippen “Prenzlberg“ ein Ort, der
nicht unbedingt zum Träumen anregt. Doch zwischen Ostalgie und
Plattenbau befindet sich das Sportforum Berlin, dem bundesweit größten
Olympiastützpunkt mit 35 Trainings- und Wettkampfstätten, wo sich
etliche Sportler ihren Traum von internationalen Wettkämpfen und mehr
erfüllen. Franziska van Almsick trainierte hier für ihre
Medaillensammlung, aktuell schwingt Olympiasieger Robert Harting dort
seinen Diskus. Seit einigen Monaten befindet sich auf dem riesigen Areal
auch Deutschlands aktuell erfolgreichstes Handball-Nachwuchsprojekt:
“Füchse-Town“. Bob Hanning hat sich damit einen lang gehegten Traum
erfüllt. Ein Trainingszentrum, in dem alle Leistungssportler des Vereins
unter einem Dach dem Handballsport nachgehen. „Vor drei Jahren habe ich
mit Bob zusammen überlegt, wie wir den Verein langfristig weiter
bringen können. Uns war klar: Es geht nur über die Jugendarbeit“, so
Füchse-Coach Dagur Sigurðsson. Der Isländer gilt neben “Bob, der
Baumeister“ als Spiritus rector, der seine ganze Erfahrung aus seiner
isländischen Heimat mit in das Projekt einbringt. „Meine Erfahrungen als
Geschäftsführer bei Valur Reykjavík werden hier umgesetzt.“ Alle
Spieler von der C-Jugend bis zu den Profis benutzen die gleichen
Räumlichkeiten, kurze Wege zwischen Internat und Sporthalle lassen den
jungen Handballern viel Zeit für ihren Sport. „Früher war es so, dass
die Jugendlichen im Sportforum trainiert haben und der Erstligakader in
Charlottenburg. Wenn sich einer meiner Profis mal verletzt und ich
Ersatz aus dem Nachwuchs brauchte, war das schwierig. Heute müssen die
Jungs nicht mehr durch die ganze Stadt fahren“, zeigt der isländische
Trainer einen weiteren Vorteil auf. In der Regel trainiert das HBL-Team
zweimal täglich, dazwischen stehen Regeneration, Pressetermine,
Physiotherapie, Videoanalyse etc. auf dem Plan. „Unsere Spieler müssen
aber nicht wie die Bayern damals unter Klinsmann von 9-16 Uhr vor Ort
sein“, so Volker Zerbe, Sportkoordinator der Füchse. Der 284-fache
Nationalspieler wechselte im Sommer aus Ostwestfalen an die Spree, wo er
zuvor sechs Jahre als Geschäftsführer und sportlicher Leiter beim TBV
Lemgo tätig war. Sein neues Aufgabenfeld umreißt er wie folgt: „Im
Profibereich unterstütze ich Dagur Sigurðsson im Training, des Weiteren
helfe ich Bob Hanning im administrativen Bereich. Ein Schwerpunkt liegt
natürlich auch im Jugendsektor, wo ich unter anderem unsere B-Jugend
trainiere.
“Die “Füchse-Town“ ist aber mehr als nur ein Trainingszentrum mit
optimaler Sportinfrastruktur. Sie dient als Begegnungsstätte aller
Handballer des Vereins, soll die Kontaktaufnahme untereinander
vereinfachen. „Für unsere Talente ist es eine Riesenmotivation, mit den
Profis unter einem Dach zu agieren. Sie lernen so die Gepflogenheiten
des Profi-Handballs kennen. Alle Mannschaften haben dieselbe
Spielphilosophie. So wird der Übergang vom Jugend- in den
Seniorenbereich erleichtert“, zählt Zerbe weitere Vorteile auf. Viele
der Jugendlichen wohnen im Sportinternat auf dem Forum-Gelände, wo sie
ihre schulische Laufbahn mit dem Abitur beenden können.
Dieser ganzheitliche Ausbildungsansatz dient aber nicht nur dem
Selbstzweck. Etliche Talente fanden in den vergangenen Jahren den Weg in
die Junioren- und U18-Nationalmannschaft sowie in die Vereine der HBL.
Größter Abnehmer natürlich Dagur Sigurðsson, nicht weniger als sechs
Akteure aus der eigenen Jugend stehen in dieser Spielzeit in seinem
Kader. Die Hauptstadtpresse spricht von einer „Berlinisierung“ des
Handballs. Bob Hanning wird es erfreut zur Kenntnis nehmen.
Foto: Trainingshelden