Herzblut. Zeigt wieder Wirkung!
Es ist wieder so etwas wie Aufbruchstimmung zu spüren beim
TV Emsdetten und man besinnt sich seiner Wurzeln. Sportlich läuft es
schon
länger wieder in der 2. Handball-Bundesliga. Doch finanziell hat dem TVE
das
einjährige `Erstligaabenteuer´ in der Spielzeit 2013/14 in den
Folgejahren doch schwer zu schaffen gemacht. Nach mehreren “Externen“ in
der
Geschäftsführung der Handball-GmbH haben mit Heike Schürkötter und Frank
Wiesner jetzt wieder zwei ortsansässige Unternehmer das Ruder des
westfälischen
Bundesligisten übernommen.
Hallo Frau Schürkötter, hallo Herr Wiesner, vor drei Wochen
hat Holger Kaiser seine Tätigkeit als Geschäftsführer beim TV Emsdetten
beendet. Welche Gründe waren ausschlaggebend für seine Abberufung?
Heike Schürkötter: „Nach fünf
Jahren mit vereinsexternen Personen, die hauptberuflich in Führungsposition in
der TV Emsdetten Marketing GmbH tätig waren, sind wir zu dem Schluss gekommen, dass
wir diesen Bereich wieder in ehrenamtliche Hände legen wollen. Sicherlich hatte
die Abberufung auch finanzielle Gründe, denn der Bundesliga-Handball in
Emsdetten ist finanziell nicht auf Rosen gebettet. Aktuell befinden wir uns
aber wieder auf einem wirtschaftlich guten Weg.“
In euren Hauptberufen seid ihr Unternehmer mit einem
Schreibtisch voll Arbeit. Jetzt habt ihr ehrenamtlich die Leitung der
TVE-Geschäftsstelle übernommen. Wie seid ihr beide auf die Idee gekommen, sich
auch noch die Geschäftsführung eines Bundesligavereins “ans Bein zu binden“?
Was sagen eure Familien dazu?
Heike
Schürkötter: „Ganz viel Herzblut – sowie das Gefühl, es für Emsdetten
tun zu wollen. Meine beiden Söhne sind handballbegeistert und ich möchte ihnen
auch in Zukunft Bundesliga-Handball in der Heimat bieten. Auch mein Mann ist
inzwischen vom `Handballvirus´ infiziert und möchte sich beim TVE im Bereich
Social Media einbringen.“
Frank
Wiesner: „Mein Herz hängt an dem Verein, dem ich schon seit etlichen
Jahren in verschiedenen Funktionen verbunden gewesen bin. Grundvoraussetzung,
dass Heike und ich diesen doch zeitintensiven Job angenommen haben, ist, einen
Partner zu haben, der mitspielt und das Ganze unterstützt.“
Welche großen wie kleinen `Baustellen´ seht ihr in der TVE
Marketing GmbH? Welche Aufgaben habt ihr schon auf den Weg bringen können?
Frank
Wiesner: „Unser gemeinsames Ziel in den vergangenen Wochen war
es,
schnell in das Tagesgeschäft einzutauchen. Dabei war die Finanzierung
der
laufenden Saison die bis dato größte Baustelle. Seit dem Erstligaabstieg
schleppt
die TVE Marketing GmbH finanzielle Altlasten mit sich rum, die in den
vergangenen Jahren nicht abgetragen werden konnten. Aber im Moment
erleben wir
eine tolle Hilfsbereitschaft von Seiten der Fans, Partner und ehemaligen
Ehrenamtlichen, die uns ihre Unterstützung angeboten haben. In den
letzten
Wochen ist es uns gelungen, verloren gegangene Sponsoren zurück ins
`Boot´ zu
holen. Wir haben den sportlichen Bereich neu geordnet und Trainer Daniel
Kubeš sowie unser sportlicher Leiter Holger Krimphove mit
mehr Entscheidungsgewalt ausgestattet. Des Weiteren haben Heike und ich
begonnen, mit den Partnern des TVE zu sprechen und sie von unserem Weg
zu
überzeugen. Vor einigen Tagen ist das Aktion `Karten für Emsdetten´
gestartet,
bei der heimische Unternehmen Karten für unsere Heimspiele erwerben und
diese
an Freunde oder Kunden weitergeben können. Jeder verkaufte Platz in der
Halle
hilft uns im Moment finanziell und tut der Stimmung in der Halle gut.
Unser
großer Wunsch: Wieder einmal eine ausverkaufte Emshalle.“
Mit der Installierung von Holger Kaiser als hauptamtlichen
Geschäftsführer sollte mehr Professionalität in die Geschäftsstelle einziehen.
Jetzt wird wieder mehr auf Ehrenamt gesetzt.
Heike
Schürkötter: „Ein Ehrenamt schließt ja nicht aus, dass hier in Zukunft nicht
professionell gearbeitet wird. Jeder, der bei uns ehrenamtlich involviert ist,
arbeitet in einem Bereich, den er aus seinem Hauptberuf her kennt. Viele
Personen bringen sich im Moment ein. Dieses Engagement hilft uns enorm, das
Geschäft Bundesliga zu bewerkstelligen. Nur wenige Vereine in der 2. Bundesliga
werden von einem hauptamtlichen Geschäftsführer geleitet. Häufig ist es eine
Mischung aus Hauptberuf und Ehrenamt. Die Führung der TVE Marketing GmbH soll
auch in Zukunft ehrenamtlich bleiben, die Arbeit der Geschäftsstelle weiter
professionalisiert werden. Das Controlling übernimmt unser Aufsichtsrat. Viele
aus dem Umfeld des TVE begrüßen es, dass sich wieder zwei Emsdettener, die eng
mit dem Verein verbandelt sind, die Führung übernommen haben.“
Emsdetten und das Münsterland sind wirtschaftlich stark
aufgestellt, da gibt es ein großes Potential an möglichen neuen Sponsoren. Der
TV Emsdetten hat als Bundesligaverein im Handball hier ein Alleinstellungsmerkmal.
Welche Ideen habt ihr, dieses Potential für den TVE zu nutzen?
Frank
Wiesner: „Wir möchten in naher Zukunft in Emsdetten einen “Tag des
Handballs“ installieren. Dafür haben wir
begonnen, Vereine aus der Umgebung von Emsdetten anzusprechen und diese für die
Idee zu begeistern. Zudem können Mannschaften aus der Nachbarschaft für
Heimspiele zu besonderen Konditionen Kartenkontingente erwerben. Darüber hinaus
nutzen wir unser berufliches Netzwerk, um den ein oder anderen Partner für den
TVE zu begeistern. Erste erfolgversprechende Gespräche haben stattgefunden.
Heike hat in den vergangenen Wochen ein hohes Tempo vorgelegt und konnte schon
einiges bewegen, ohne an dieser Stelle konkrete Namen nennen zu wollen.“
Stichwort Emshalle – Die Heimspielstätte des TVE ist doch ein
wenig in die Jahre gekommen. Bruno Lammers, geschäftsführender Gesellschafter
vom Hauptsponsor SAERTEX hat vor einigen
Jahren schon angemerkt: „Ich würde mir als Unternehmer und Partner des TVE
einen Umbau der Emshalle wünschen. Viele Firmen haben doch gewisse
Anforderungen, um einen Kunden mal mit zum Heimspiel zu nehmen.“ Seht ihr die
Stadtverwaltung diesbezüglich in der Pflicht, die baulichen Voraussetzungen für
zukünftigen Bundesligahandball zu schaffen?
Heike
Schürkötter: „Wir wissen von der Stadt Emsdetten, dass sie einen Umbau
der Emshalle plant. Davon profitiert aber nicht allein der TV Emsdetten,
alle Veranstalter werden davon ihren Nutzen haben. Ziel muss es sein, in den
nächsten Jahren die Halle als Veranstaltungsort für vielfältige Events auf den
neuesten Stand zu bringen. Es besteht doch weitgehend Konsens bei Verwaltung und
Bevölkerung der Stadt Emsdetten, dass der TVE im Münsterland einen hohen
Stellenwert besitzt und das sportliche Aushängeschild der Stadt und der Region
ist.“
Daniel Kubeš hat in seiner ersten
Saison als Trainer in Emsdetten auf die Frage: Darf der TVE mittelfristig
wieder Richtung 1. Bundesliga blicken? geantwortet: „Darf er - doch es wird
schwer.“ Gibt es den Wunsch innerhalb der GmbH, mittelfristig wieder Richtung
1. Liga zu planen? Welche Lehren hat man aus der Erstligasaison 2013/14
gezogen?
Frank Wiesner: „Aktuell ist
unsere sportliche Situation bezogen auf unsere wirtschaftlichen Möglichkeiten grandios.
Wir haben einen guten Kader mit tollen Einzelspielern, viele mit Potential nach
oben. Daniel Kubeš leistet hier hervorragende
Arbeit. Der Heimsieg gegen Lübeck und das Unentschieden in Balingen habe die
Arbeit in den ersten Wochen unserer gemeinsamen Geschäftsführung erleichtert.
Sportlicher Erfolg hilft bei Gesprächen mit potentiellen neuen Partnern.
Mittelfristig gibt es den Wunsch, wieder in Richtung 1. Liga anzugreifen. Aber
step by step.“
Heike
Schürkötter: „Wir wären keine Sportler, wenn wir nicht das Maximum des
Möglichen erreichen möchten. Aber wir dürfen nicht den Fehler begehen, den
zweiten vor dem ersten Schritt zu machen. In der Nachbetrachtung kam der
damalige Aufstieg für unseren Verein zu früh. Strukturell waren wir für die 1.
Bundesliga nicht gerüstet und es wurden Fehler gemacht, aus denen heute gelernt
werden muss. Zudem gilt: Es darf immer nur das Geld ausgegeben werden was auch vorhanden ist, um nicht
wieder in finanziell schwieriges Fahrwasser zu geraten.“
Ein Blick auf die Handball-Konkurrenz in unmittelbarer
Nachbarschaft macht deutlich: Sowohl die HSG Nordhorn-Lingen als auch der ASV
Hamm-Westfalen möchten mittelfristig wieder an die Tür zur 1. Bundesliga
anklopfen und bündeln dieses Bestreben in verschiedene Projektmaßnahmen. Kann
der TVE davon lernen?
Frank
Wiesner: „Beide Vereine haben in Sachen moderner Halleninfrastruktur
und Sitzplatzkapazitäten Voraussetzungen, bei denen wir aktuell nicht mithalten
können. Gerade die Emsland-Arena in Lingen hat Standards zu bieten, die
erstligatauglich sind. Aktuell gibt es beim TVE keinerlei Planungen für einen
möglichen Aufstieg. Wir werden kein Projekt ausrufen, um uns damit zeitlich
unter Druck zu setzen. Wir wollen unsere Heimspiele wieder zum Event machen,
schon zur Rückrunde möchten wir die eine oder andere Neuerung umsetzen. Die
Fans können sich darauf schon freuen.“
Frau Schürkötter und Herr Wiesner, vielen Dank für das Interview
und viel Erfolg in den nächsten Monaten.
Foto: Max Sander